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Gemeinsam statt Einsam

Am 9.2.2024 habe ich im Plenum eine Rede zum Thema Einsamkeit gehalten. Ich bin davon überzeugt, dass wir den Menschen viel mehr helfen, wenn wir direkt in die Einsamkeitsprävention investieren und Beratungsstellen und Freiwilligenagenturen unterstützen, statt den Titel eines Einsamkeitsbeauftragten zu vergeben. Denn: Wer Einsam ist, sucht nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Und es ist unsere Aufgabe, diese Gemeinschaft in der Mitte der Gesellschaft zu bieten, Fürsorge und Halt zu geben und das Vertrauen in den Staat zu stärken. 

– Es gilt das gesprochene Wort –

„Einsamkeit ist so vielseitig wie die Menschen, die sie verspüren, die Ursachen, die sie ausmachen und die individuellen Biografien, die sie formen.“ So steht es im kürzlich beschlossenen Strategiepapier der Bundesregierung gegen Einsamkeit. 

Einsamkeit ist vielfältig. Daher gibt es auch nicht die eine Lösung oder Maßnahme zur Verbesserung der Prävention und Linderung. Einsamkeit ist vielmehr eine komplexe gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die einer umfassenden strategischen Bearbeitung bedarf. Aber, liebe Kolleg*innen, ist ein Einsamkeitsbeauftragter, wie von der CDU vorgeschlagen, nun wirklich die Lösung, die wir suchen? Oder sollten wir nicht lieber in Projekte und Infrastrukturen investieren, die direkt vor Ort einen Unterschied machen? Ich bin überzeugt: Unsere Ressourcen sind in den Gemeinden am besten aufgehoben.

Nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen über Einsamkeit senken die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit von öffentlichen Infrastrukturen, von Freizeitgelegenheiten und von Mobilitätsangeboten im Wohnumfeld das Risiko für Einsamkeit. Doch, und das dürfen wir nicht vergessen, armutsbetroffene Menschen und solche, die Diskriminierung erfahren, sind besonders gefährdet. Hier müssen wir ansetzen. Armut und Diskriminierung schränken nicht nur die Möglichkeiten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ein, sondern isolieren Menschen auch emotional und sozial. Unsere Antwort darauf muss deshalb klar sein: Wir bekämpfen nicht nur die Symptome, sondern auch die Ursachen von Einsamkeit!

Und der Schlüssel dafür, der liegt in unseren Kommunen, in unseren Städten und Dörfern. Gerade dort, wo beispielsweise viele armutsbetroffene Menschen leben, muss in öffentliche Infrastruktur investiert werden, muss es barrierearme Mobilitätsangebote und Orte des Zusammenlebens geben. Eine sozialraumorientierte Stadtplanung, die Förderung von Quartiersarbeit und ehrenamtlichen Strukturen bleiben daher wichtige Maßnahmen, die auch Einsamkeit entgegenwirken. 

Statt eines Einsamkeitsbeauftragten braucht es eine intersektionale, diskriminierungssensible Strategie. „Gemeinsam statt Einsam“ – das ist das Motto, mit dem wir lokale gemeinschaftliche und inklusive Ansätzen fördern und fortentwickeln wollen. Denn die beste Prävention und Intervention gegen Einsamkeit findet vor Ort statt, wo direkte und persönliche Kontakte das soziale Gefüge stärken. Eine gute Strategie unterstützt daher bestehende Initiativen wie Freiwilligenagenturen, Selbsthilfekontaktstellen und Senior*innen- und Pflegestützpunkte. Und genau das haben wir vor. 

All dies ist nicht nur deshalb wichtig, weil seit Corona die Aufmerksamkeit auf das Thema Einsamkeit gelenkt wurde. (Ja, die Corona-Pandemie hat die Dringlichkeit des Themas Einsamkeit ins Rampenlicht gerückt. Aber unser Engagement endet nicht mit der Pandemie.) Denn Einsamkeit beeinträchtigt nicht nur die Gesundheit, sondern auch das gesellschaftliche Miteinander und – hier lohnt noch einmal die Aufmerksamkeit – es beeinträchtigt auch die demokratische Teilhabe. Junge Menschen, die sich isoliert fühlen, neigen eher zu autoritären Überzeugungen, glauben an Verschwörungstheorien und billigen politische Gewalt. Das ist ein Weckruf für uns alle!

Denn: wer Einsam ist, sucht nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Und es ist unsere Aufgabe, diese Gemeinschaft in der Mitte der Gesellschaft zu bieten, Fürsorge und Halt zu geben und das Vertrauen in den Staat zu stärken. „Wir lassen niemanden zurück“ – das ist ein Versprechen, das wir gemeinsam einhalten müssen. Lassen sie uns deshalb auch der Einsamkeit strategisch – und gemeinsam entgegenwirken.

Vielen Dank.

Quelle: Niedersächsischer Landtag – 13. Tagungsabschnitt (7.-9.2.2024) – TOP 37

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