🌈 Der rot-grüne Entschließungantrag wurde am Freitag im Plenum beraten.
In meiner Rede habe ich ausführlich dargelegt, dass Queerpolitik kein Nischenthema ist, sondern eine Frage von Menschlichkeit und Gerechtigkeit.
Als Politik sind wir aufgefordert nicht wegzuschauen, sondern hinzusehen und zu handeln. Das wollen wir mit dem Antrag unterstreichen und wichtige Maßnahmen zur Anerkennung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in Niedersachsen auf den Weg bringen. Die einzelnen Maßnahmen des Antrags findet ihr in meinem vorherigen Reel.
Mit diesem Antrag setzen wir uns für die Belange queerer Menschen ein, aber auch für unsere Gesellschaft als Ganzes. Er ist ein Schritt auf dem Weg, der uns alle zu einem Ziel führt: einer Gesellschaft, die Vielfalt nicht nur toleriert, sondern als selbstverständlich erachtet.
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,
Queerpolitik ist kein Nischenthema. Immer wieder werden einzelne Rufe laut, gibt es Kommentare in den sozialen Medien „jetzt sei doch mal Schluss mit diesem Regenbogenzeug“, die Politik solle sich um vermeintlich wichtigere Sachen kümmern und das Thema betreffe überhaupt nur eine Minderheit.
All dies ist mitnichten wahr. Queerpolitik ist kein Nischenthema und queere Menschen gehören zur Mitte unserer Gesellschaft.
Denn Niedersachsen ist so divers wie die Menschen, die darin leben. Sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum gibt es lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und nichtbinäre Menschen in allen Generationen.
Zugleich wird der Bevölkerungsanteil der Menschen, die sich als queer bezeichnen, immer größer. Definieren sich in der Generation Babyboomer (geb. vor 1964) noch 87% als ausschließlich heterosexuell, tun dies nur noch 68% der Generation Z (geb. nach 1997). Ähnliches gilt für die geschlechtliche Identität. Fast jede*r Fünfte der unter 24-Jährigen identifiziert sich als queer.
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Anteil an queeren Menschen real gestiegen wäre: Vielmehr wurde es in den letzten Jahrzehnten nach und nach möglich, mit weniger Stigma- und Tabubelegung über die Vielfalt von Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen zu sprechen und zu seiner wahren Identität zu stehen.
Sich selbst als queer zu outen, bedeutet heute zwar keine strafrechtliche Verfolgung mehr – ist aber dennoch viel zu oft von Ausgrenzung und Diskriminierung begleitet – und immer häufiger auch von Gewalt. Die Zahl der Straftaten im Bereich queerfeindlicher Hasskriminalität steigt seit Jahren an. Und das macht uns große Sorgen.
In diesem Sommer mussten wir zudem mit Erschrecken beobachten, wie alltäglich Gewaltangriffe im Rahmen von CSDs waren – dabei waren diese nur die Spitze des Eisbergs.
Es ist beschämend und schmerzlich, dass wir in Niedersachsen – in unserer Mitte – immer noch von Fällen hören, in denen Menschen aufgrund ihrer Liebe oder ihrer Identität beleidigt, bedroht und angegriffen werden. Diese Realität spiegelt nicht die Werte wider, für die wir stehen, und noch weniger die Welt, in der wir leben möchten.
Es ist unsere Pflicht, die Menschen in Niedersachsen vor Gewalt und Angriffen zu schützen – auch deshalb ist Queerpolitik kein Nischenthema, sondern eine Frage der Menschlichkeit und Gerechtigkeit.
Als Politik sind wir aufgefordert nicht wegzuschauen, sondern hinzusehen und zu handeln. Das wollen wir mit unserem Antrag unterstreichen und wichtige Maßnahmen zur Anerkennung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in Niedersachsen auf den Weg bringen.
Die Landesregierung hat sich bereits auf den Weg gemacht und einen Beteiligungsprozess mit der queeren Community gestartet, um einen Landesaktionsplan für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt aufzulegen.
Dass dieser Landesaktionsplan kommt, dass Selbstorganisationen und Initiativen gestärkt werden und dass wir konkrete Maßnahmen ergreifen um die Rechte und die Sicherheit von queeren Menschen zu sichern, ist mehr denn je geboten. Die letzte rot-grüne Landesregierung hat mit der Auflage der Kampagne für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt bereits eine hervorragende Arbeit in diesem Bereich geleistet und dazu beigetragen, viele queere Strukturen im Land auf- und auszubauen. Trotzdem hat uns die gesellschaftliche Realität mittlerweile ein-, wenn nicht gar überholt.
Die Mehrheit der Bundesländer haben mittlerweile wirksamere und umfangreichere Maßnahmen gegen Queerfeindlichkeit etabliert, wie eine OECD-Studie zuletzt aufgezeigt hat.
Nach dieser Studie belegt Niedersachsen derzeit gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern den letzten Platz beim Umfang der Maßnahmen für mehr LSBTIQ* Inklusivität. Das können und wollen wir nicht so stehen lassen, hier müssen wir zwingend handeln.
Wir schlagen deshalb ein umfangreiches Maßnahmenpaket mit 12 konkreten Punkten vor, die von Aufklärung und Bildung, über Beratung und Qualifizierung bis hin zu rechtlichem Schutz vor Diskriminierung reichen.
Denn neben Bildungs- und Beratungsmaßnahmen ist es auch von Bedeutung, unsere Gesetze und Richtlinien zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie die Gleichheit und Gerechtigkeit für alle widerspiegeln. Wir wollen einen rechtlichen Rahmen schaffen, der queere Menschen schützt und ihre Rechte sichert. Dafür werden wir Ihre Unterstützung brauchen, liebe Kolleg*innen von der CDU – und ich hoffe sehr, dass auch Sie sich für die Gleichstellung queerer Menschen einsetzen werden.
Schließlich ist es unsere Pflicht, als Gesetzgeber Schutzmechanismen zu schaffen und zu stärken, die queere Menschen vor Diskriminierung am Arbeitsplatz, in der Schule und in anderen Aspekten des öffentlichen Lebens bewahren.
Der vorliegende Antrag setzt sich für die Belange queerer Menschen ein, aber auch für unsere Gesellschaft als Ganzes. Er ist ein Schritt auf dem Weg, der uns alle zu einem Ziel führt: einer Gesellschaft, die Vielfalt nicht nur toleriert, sondern als selbstverständlich erachtet.
Eine Gesellschaft, die Unterschiede nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als ein kostbares Kapital betrachtet – eine Quelle der Stärke und der Gelegenheit zur gemeinsamen Entfaltung und Wachstum.
Gemeinsam sollten wir die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um Hass und Intoleranz keinen Raum zu geben.
Lassen Sie uns eine Umgebung schaffen, in der queere Menschen leben können, ohne Angst vor Diskriminierung, Gewalt oder Ablehnung.
Lassen Sie uns zeigen, dass Niedersachsen ein Bundesland ist, das Schutz und Gleichheit für alle seine Bürger*innen ernst nimmt.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatung. Vielen Dank.
Quelle: Niedersächsischer Landtag – 11. Tagungsabschnitt (8.-10.11.2023) – TOP 31
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