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Es ist eine Schande, wie wir in diesem Land über Armut diskutieren!

Vom 11.-14. Dezember ist Haushaltsplenum. In meiner Rede ging es dementsprechend um den Haushalt im Sozialbereich für 2024.


Wenn wir endlich mal in der Lage wären, eine Vermögensabgabe einzuführen, dann könnten wir die Lücken in den Bereichen Bildung und Soziales mehr als ausgleichen. Denn soziale Ungleichheit und fehlende Chancengerechtigkeit wirken sich auf das Wohlbefinden und das Vertrauen der Menschen in zentrale Institutionen aus. Damit gefährdet die wachsende Ungleichheit den gesellschaftlichen Zusammenhalt und erodiert die Grundlagen der parlamentarischen Demokratie! Die soziale Schere zu schließen, bleibt damit die wichtigste Aufgabe von Sozialpolitik – auch zum Schutz und Erhalt unserer Demokratie.

Dennoch bin ich überzeugt, dass wir die begrenzten Haushaltsmittel gut investiert haben, indem wir insbesondere den Gewalt- und Kinderschutz und die Antidiskriminierungsarbeit unterstützen.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
 
die letzten Jahre haben unsere Gesellschaft herausgefordert. Ich will nicht all die Krisen aufzählen, denn wir alle kennen die Probleme gut genug, müssen wir doch in unserer Arbeit täglich Antworten finden. Neben allen neuen Herausforderungen gibt es aber eine Krise, die bleibt und die uns gesellschaftlich immer wieder aufreibt: Es ist die Krise der Armut und die Vergrößerung der Schere zwischen Arm und Reich.
 
In Niedersachsen sind mehr als 1,3 Millionen Menschen armutsgefährdet, fast ein 1/5 davon sind Kinder und Jugendliche. Diese Anteile haben sich in den letzten Jahren kaum geändert, dennoch haben Inflation und Energiepreissteigerungen diese Menschen besonders hart getroffen. Der Frust und das Gefühl, von der Politik alleine gelassen zu werden, wächst und verfestigt sich.
 

Und das ist nicht erstaunlich, verfolgt man auch nur annähernd politische Debatten über Armut. So fordern auf Bundesebene CDU und FDP mal wieder, jedes Jahr aufs Neue, Kürzungen beim Bürgergeld – Dabei ignorieren sie, dass dies kaum Einsparungen zur Folge hätte und stattdessen das verfassungsmäßig garantierte Existenzminimum angreift. Ich sage hier einmal deutlich: es ist eine Schande, wie wir in diesem Land über Armut diskutieren!

Statt Kürzungen bei Sozialausgaben bräuchte es eine Vermögensabgabe, nicht nur zur haushälterischen Krisenbewältigung, sondern auch um diejenigen in die Verantwortung zu nehmen, die es sich leisten können, die von oder zumindest in den Krisen immer wieder profitiert haben und ihre Vermögen trotz Corona, trotz Krieg gegen die Ukraine, trotz Inflation immer weiter vergrößern konnten.
 

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat gerade wieder aufgezeigt, was die offizielle Reichstumsberichterstattung verschweigt: In Deutschland gibt es 11 weitere Milliardär*innen, 500 Milliarden zusätzliches Vermögen als bislang aufgedeckt und weniger als die Hälfte der Milliardär*innen sind Unternehmer*innen.

Und dabei sind die entsprechenden Steuersätze seit 1996 massiv gesunken. Neben der Aussetzung der Vermögensteuer hat sich z.B. der Steuersatz auf nicht ausgeschüttete Gewinne seit 1996 halbiert, während der Steuersatz auf durchschnittliches Arbeitseinkommen nur geringfügig gesunken ist.

Eine Vermögensabgabe würde, das wissen Sie, unserem Landeshaushalt direkt zugutekommen, wir könnten noch mehr in Bildung – aber auch in unsere soziale Infrastruktur investieren. Denn die Herausforderungen, vor denen wir sozial- und gesellschaftspolitisch stehen, sind in den Krisen keineswegs geringer geworden. Unser Sozialstaat, der auf dem Prinzip der Solidarität und Gemeinschaft fußt, ist mehr denn je gefordert.
 

Soziale Ungleichheit und fehlende Chancengerechtigkeit wirken sich auf das Wohlbefinden und das Vertrauen der Menschen in zentrale Institutionen aus. Damit gefährdet die wachsende Ungleichheit den gesellschaftlichen Zusammenhalt und erodiert die Grundlagen der parlamentarischen Demokratie! Die soziale Schere zu schließen, bleibt damit die wichtigste Aufgabe von Sozialpolitik – auch zum Schutz und Erhalt unserer Demokratie.
Trotzdem stellen wir uns selbstverständlich der Herausforderung, trotz begrenzter Haushaltsmittel die Weichen für eine sozial gerechtere Gesellschaft zu stellen. Das bedeutet, die vorhandenen Ressourcen gezielt und effizient einzusetzen, um die am stärksten bedürftigen Gruppen zu unterstützen.

Als Fraktionen haben wir uns neben dem Thema Gewaltschutz deshalb der Frage der Teilhabe gewidmet: Insgesamt nehmen wir im Bereich des Kinderschutzes fast 1,2 Millionen Euro in die Hand.
 

Außerdem fördern wir die koordinierte Antidiskriminierungsarbeit auf Landesebene, nehmen Geld für die Umsetzung eines Landesaktionsplans gegen Rassismus in die Hand und erhöhen die Förderung der Landesarmutskonferenz, um die Interessensvertretung armutsbetroffener Menschen zu stärken.

Unsere Investitionen in Kinderschutz, Antidiskriminierungsarbeit und die Unterstützung marginalisierter Gruppen sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dennoch bleibt weiterhin viel zu tun. Lassen Sie uns weiterhin konstruktiv in der Sozialpolitik zusammenarbeiten.
 

Vielen Dank. 

Quelle: Niedersächsischer Landtag – 12. Tagungsabschnitt (11.-14.12.2023) – TOP 35

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