Swantje Schendel

Zukunft. Solidarisch. Gerecht.

Kinderrechte stärken, Gewalt verhindern: Unsere Kinderschutzstrategie

29. September 2025

 

Kinderschutz bedeutet: Kinder nicht nur mitzudenken, sondern ihre Rechte in den Mittelpunkt zu stellen. Jedes Kind hat ein Recht auf Gehör, Schutz und Beteiligung – in der Familie, in Schulen, Kitas, Vereinen und allen Lebensbereichen. Dafür setzen wir auf verbindliche Schutzkonzepte in allen Einrichtungen, auf die Stärkung von Fachkräften und Beratungsstellen und auf die Verankerung von Kinderrechten in der Niedersächsischen Verfassung.

Kinderschutz ist kein Beiwerk – er ist ein Auftrag an die gesamte Gesellschaft.

Vollständiger Text meiner Rede

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,

Wenn Kinder Gewalt erfahren, geschieht das fast immer im Verborgenen. Bis zu achtmal müssen sie sich anvertrauen, bevor ein Erwachsener wirklich zuhört – das ist erschütternd, und politisch inakzeptabel.

Kinderschutz ist keine Aufgabe am Rande, er verlangt unsere ganze Aufmerksamkeit und unser lautes Engagement.

Letzte Woche habe ich in Osnabrück ein beeindruckendes, präventives Angebot erlebt: Die dortige theaterpädagogische Werkstatt führt seit Jahren den Workshop „Mein Körper gehört mir“ an Grundschulen durch. Kinder lernen darin, Nein-Gefühle wahrzunehmen, Grenzen zu setzen und zu formulieren – und Erwachsene lernen, zuzuhören. Das ist gelebter Kinderschutz.

Genau solche Angebote brauchen wir dringend flächendeckend in Niedersachsen. Mein Dank gilt dem Landesverband Theaterpädagogik und allen Mitwirkenden, die das möglich machen.

Denn: Räume, in denen Kinder sicher sind – sicher vor Gewalt, vor Ausgrenzung, vor Abwertung – sind kein Luxus. Sie sind notwendig. Safer Spaces sind kein „Nice to have“, sie sind ein Muss.

Die AfD aber will solche Angebote aus Schulen und Kitas verbannen, der Soziokultur die Förderung entziehen und Sexualaufklärung allein ins Elternhaus verlagern. Das ist kein Kinderschutz – im Gegenteil, das gefährdet Kinder.

Drei Viertel aller sexualisierter Gewalt geschieht im familiären Umfeld. Kinder brauchen deshalb auch Schutzräume außerhalb der Familie – Orte mit geschulten, verlässlichen Vertrauenspersonen. Schulen, Jugendhilfe, Kitas, Vereine, Kirchen – überall müssen sie diese Ansprechpersonen finden können.

Deshalb fordern wir verbindliche Schutzkonzepte für alle Einrichtungen, die mit Kindern arbeiten. Solche Konzepte entstehen jedoch nicht über Nacht. Sie brauchen Zeit, Fachberatung und ernsthafte breite Beteiligung. Die Erfahrung zeigt: Bei Vereinen dauert so ein partizipativer Entwicklungsprozess etwa zwei Jahre. Und das ist gut so. Am Ende stehen nicht nur Papiere, sondern echte Veränderung: geschulte Erwachsene, klare Strukturen, kinderfreundliche Räume.

Und wir setzen auf qualifizierte Fachkräfte und auch Ehrenamtliche: mit interdisziplinären Fortbildungen, digitalen Angeboten und einer engeren Verbindung von Kinderschutz in Ausbildung und Praxis. Denn gute Schutzkonzepte brauchen vor allem eins: Menschen, die sie mitgestalten und deshalb verstehen, umsetzen und stets weiterentwickeln.

Mit unserer Kinderschutzstrategie bringen wir in Bewegung, dass alle Schulen in Niedersachsen verpflichtend ein Schutzkonzept erarbeiten, begleitet von den Regionalen Landesämtern für Schule und Bildung.

Die Schulen erhalten konkrete, fachlich fundierte Unterstützung. Zugleich wollen wir Beratungsstellen langfristig absichern, von Kinderschutzambulanzen bis zur Gewaltberatung. Damit Betroffene in ihrer Region und ohne große Hürden Hilfe finden können.

Und dabei gilt: Kinderrechte sind kein Beiwerk – sie sind das Fundament wirksamen Kinderschutzes. Deshalb gehören sie in die Niedersächsische Verfassung.

Wer Kinderrechte verankert, schützt nicht nur symbolisch, sondern verpflichtet staatliches Handeln auf ihre Bedürfnisse. Es macht einen Unterschied, ob Kindeswohl „mitgedacht“ oder vorrangig ist.

Kinder in schwierigen Situationen brauchen nicht nur Hilfe – sondern ein garantiertes Recht auf Gehör, Schutz und Beteiligung. Das gilt in jedem Verfahren, in jeder Maßnahme.

Und Partizipation von Anfang an verlangt Verfassungsrang. Ich finde es schwer nachvollziehbar, dass die CDU das ablehnt und wir uns u.a. deshalb nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen konnten.

Wer Kinderschutz will, muss Kinder auch als Träger*innen eigener Rechte ernst nehmen. Mit dem klaren Ziel: Kinder, die sich nur einmal anvertrauen müssen – und einmal gehört werden. Nicht achtmal.

Liebe Kolleg*innen, unser Antrag ist kein symbolisches Signal, sondern ein Schritt in Richtung echter Fortschritte: ein Landeskinderschutzgesetz, das sichert – mit einer zentralen Koordinierungsstelle, klaren Standards und dauerhafter Begleitung.

Vielen Dank.

Quelle: Niedersächsischer Landtag – 27. Tagungsabschnitt (10.-12.9.2025) – TOP 32

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