Wohnungslosigkeit ist kein Naturgesetz – sie ist das Ergebnis politischer Entscheidungen. In Niedersachsen sind über 33.000 Menschen betroffen, darunter viele junge Menschen. Unser Ziel: Bis 2030 soll niemand mehr auf der Straße leben müssen! Doch der tragische Tod von Pawel, einem obdachlosen Wanderarbeiter, zeigt, wie viel noch zu tun ist. Er starb nicht nur an der Kälte, sondern an einem System, das versagte – bei der Versorgung, bei der Abschiebung, bei der Unterstützung. Wir setzen uns für Housing First, mehr sozialen Wohnraum und bessere Hilfsangebote ein. Denn Wohnen ist ein Menschenrecht! 🏠
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
Wohnraum ist ein Menschenrecht. Doch nicht alle Menschen haben ein eigenes zuhause, wo sie die Tür abschließen und ruhig schlafen können. Wer wohnungslos ist, dem fehlt häufig ein sicherer Ort und Zugang zu Grundversorgung. In Niedersachsen betraf das 2024 mindestens 33 000 Menschen, davon sind 43% unter 25 Jahr alt! Unser Ziel muss es doch sein, dass niemand mehr in so einer Situation steckt.
Die Ziele sind dabei klar definiert: Bis 2030 soll Obdachlosigkeit überwunden sein – festgeschrieben in den Zielen für nachhaltige Entwicklung und im Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit. Doch wir in Niedersachsen wollen nicht nur Ziele setzen, wir wollen handeln!
Dabei müssen wir natürlich die vielfältigen Ursachen von Wohnungslosigkeit in den Blick nehmen: Finanzielle Notlagen, soziale Ausgrenzung, psychische Erkrankungen oder plötzliche Lebensumbrüche. Eine effektive Prävention und starke Netzwerke können verhindern, dass Menschen ihr Zuhause verlieren. Wenn jedoch jemand obdachlos wird, ist die Bereitstellung von Wohnraum die dringendste Aufgabe. Gleichzeitig benötigen Betroffene Unterstützung bei der Bewältigung der Probleme, die zur Wohnungslosigkeit geführt haben oder daraus entstanden sind.
Unser Antrag fokussiert sich deshalb auf drei zentrale Maßnahmen: die Verankerung des Housing-First-Prinzips, die Entwicklung neuer Modelle zur Gewinnung von sozialem Wohnraum und den Ausbau niedrigschwelliger Hilfsangebote.
Housing First ist ein zentraler, in anderen Ländern bereits erfolgreich praktizierter Ansatz, denn: Probleme wie Schulden, Sucht oder Krankheiten können eben besser behandelt werden, wenn man erstmal ein Zuhause hat.
Aber: Dieses Prinzip funktioniert nur, wenn entsprechender Wohnraum überhaupt zur Verfügung steht.
Deshalb ist die Gewinnung von sozialem Wohnraum essenziell. Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes, besonders im Bereich bezahlbarer Wohnungen, müssen wir innovative Wege beschreiten. Denn Wohnungslose Menschen können nicht auf langfristige Wohnbauprojekte warten; sie brauchen jetzt Lösungen!
Doch auch Wohnraum allein genügt nicht. Die Bedürfnisse obdach- und wohnungsloser Menschen sind individuell, ebenso die Herausforderungen in den Kommunen. Niedrigschwellige Hilfsangebote bleiben daher unverzichtbar. Denn nur durch die Kombination von Wohnraum und passgenauer Betreuung gelingt der Weg in ein selbstbestimmtes Leben.
Liebe Kolleg*innen, vielleicht haben auch Sie heute morgen den Artikel der HAZ zum tragischen Tod des Obdachlosen Pawel aus Hannover gelesen. Wenn nicht, holen Sie es nach, denn dieser Artikel zeigt ganz deutlich, wieviel Handlungsbedarf wir noch haben, wenn wir Wohnungslosigkeit nicht nur überwinden wollen, sondern auch jedem Menschen ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen wollen.
Der 45-jährige Pawel, ein polnischer Wanderarbeiter, wurde Anfang Februar tot am Raschplatz aufgefunden. Er verlor Ende August 2024 sein Freizügigkeitsrecht, wurde Anfang des Jahres nach einem Krankenhausaufenthalt abgeschoben – ohne dass eine sozialarbeiterische oder gesundheitliche Versorgung Pawels in Polen sichergestellt wurde.
Heimisch fühlte sich Pawel dagegen in Hannover, er kehrte zurück und starb am Raschplatz Anfang Februar vermutlich nicht nur durch die Kälte, sondern auch aufgrund seiner Vorerkrankungen.
Dieser Fall zeigt nicht nur die fatalen Folgen einer Migrationspolitik, die primär auf Abschiebungen fokussiert ist, ohne die individuellen Schicksale zu berücksichtigen.
Dieser Fall offenbart auch die unzureichende Kooperation zwischen Behörden und Hilfsorganisationen. Denn letztere hätten Pawel auch geholfen, in Polen Betreuung und Versorgung zu finden. Und zuletzt zeigt es auch: wir müssen die gesundheitliche Versorgung von Wohnungslosen Menschen dringend verbessern.
Ein Niedersachsen, in dem alle ein eigenes Zuhause haben und niemand auf der Straße schlafen muss, ist keine Utopie, sondern unser konkretes politisches Ziel. Wohnungslosigkeit ist kein Naturgesetz. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass das Menschenrecht auf Wohnen in Niedersachsen Realität wird.
Vielen Dank.
Quelle: Niedersächsischer Landtag – 23. Tagungsabschnitt (26.-27.2.2025) – TOP 25
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