Am 22.6.2023 habe ich im Plenum unsere Resolution gegen Queerfeindlichkeit eingebracht. Wir haben in einer fast durchweg konstruktiven Debatte (ihr kennt die Ausnahme) deutlich gemacht: Queerfeindlichkeit hat in Niedersachsen keinen Platz – Sicherheit, Sichtbarkeit und Akzeptanz für queere Menschen!
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Für uns ist aber auch klar: Wir belassen es selbstverständlich nicht bei Solidaritätsbekundungen.
Wir werden in Niedersachsen einen Landesaktionsplan für geschlechtliche uns sexuelle auflegen und darin auch konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von homo-, bi- inter-, trans- und queerfeindlicher Gewalt erarbeiten.
Die kürzlich erschienen Empfehlungen des Arbeitskreises zur Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt, eingesetzt von der Innenminister*innenkonferenz, wird uns dabei sicherlich leiten. Denn klar ist, wir müssen beim Schutz queerer Menschen erfolgreicher werden!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Alle,
Gerade jetzt, während des Pride Months, feiern wir weltweit – und auch in Niedersachsen – die queere Gemeinschaft und setzen uns für Gleichberechtigung und Akzeptanz ein. Die CSD-Demonstrationen und -Veranstaltungen sind ein symbolischer Ausdruck des Selbstbewusstseins und der Sichtbarkeit der queeren Gemeinschaft. Sie sind auch ein wichtiger Anlass, um Solidarität zu zeigen. Und ich empfand es als wichtiges Zeichen, dass beim diesjährigen CSD im Hannover auch unser Ministerpräsident Stephan Weil gesprochen und seine Solidarität ausgedrückt hat. Herzlichen Dank dafür!
Aber auch wenn CSDs oft als großes Fest wahrgenommen werden: sie sind eben auch noch notwendige Demonstrationen gegen Queerfeindlichkeit. Vor diesem Hintergrund sind die Angriffe auf queere Personen im Rahmen von CSD-Veranstaltungen umso erschreckender. Wie Sie in der Presse verfolgen konnten, wurden in Hannover ein transgeschlechtlicher Jugendlicher und eine nichtbinäre Person im Bereich des Hauptbahnhofes beleidigt, bestohlen und verletzt. Eine der beiden Personen musste im Krankenhaus behandelt werden. Auch andere Teilnehmende des CSD berichteten von Beleidigungen und sexuellen Belästigungen. Ich möchte an dieser Stelle zuallererst den Opfern dieser Gewalt mein Mitgefühl ausdrücken und mich für ihren Mut bedanken, mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu treten.
Die Gewalt gegen Lesben, Schwule, Bi, inter, trans und queere Personen beginnt oft mit Beleidigungen, Anfeindungen und Bedrohungen im realen oder digitalen Raum und schlägt allzu oft in physische Gewalt um. Und wir erleben leider auch, wie reaktionäre Teile der Gesellschaft hier gezielt Hass und Falschinformationen verbreiten, mit Vorurteilen, Unwissenheit und Ängsten spielen und damit auch Verantwortung dafür tragen, dass physische Gewalt gegen queere Menschen ausgeübt wird.
Diese Hasskriminalität stellt nicht nur eine Bedrohung für die queere Community dar, sie geht uns alle etwas an. Gewalttätige Übergriffe auf queere Menschen stellen einen Angriff auf die Grundprinzipien der Gleichberechtigung, Toleranz und Vielfalt dar, auf denen unsere demokratische Gesellschaft aufbaut. Und diese Grundprinzipien gilt es zu verteidigen.
Mit unserer heutigen Resolution machen wir diese Haltung noch einmal deutlich: Queerfeindlichkeit hat in Niedersachsen keinen Platz und wir werden jede Form der Diskriminierung und Gewalt gegen queere Personen entschieden bekämpfen!
Das bedeutet zugleich auch, dass wir es selbstverständlich nicht bei Solidaritätsbekundungen belassen werden. Die letzte rot-grüne Landesregierung hat 2014 durch die Kampagne für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt maßgeblich dazu beigetragen, queere Strukturen in der Fläche auf- und auszubauen. Daran wollen wir anknüpfen und einen Landesaktionsplan für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt auflegen. Das Sozialministerium hat dazu bereits einen guten Auftakt mit den Verbänden gestartet. Auch hierfür an dieser Stelle ein Dank.
Auch die Konferenz der Innenminister*innen hat vor kurzem beschlossen, die Bekämpfung von queerfeindlicher Gewalt weiter zu verbessern. Die Handlungsempfehlungen des Arbeitskreises zur Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt werden wir ernst nehmen und unsere bisherigen Maßnahmen überprüfen.
Ein diskriminierungssensibler und professioneller Umgang mit Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt ist kein Nischenthema, sondern eine wichtige Grundlage für eine demokratische Gesellschaft – und letztendlich ein Gewinn für alle. Und auch wenn die Zahlen queerfeindlicher Gewalt seit Jahren steigen – die Mehrheit der Gesellschaft äußert, trägt und lebt Solidarität mit der queeren Community.
Das zeigt sich nicht nur an den Regenbogenflaggen vor öffentlichen Gebäuden oder bei Supermärkten. Wir sehen es auch daran, dass viele Menschen Beratung bei queeren Verbänden suchen, weil sie zum Beispiel als Elternteil, Lehrkraft oder Pädagogin die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen sensibel begleiten wollen. Fortbildungs- und Aufklärungsangebote können schon längst nicht mehr den Bedarf an Anfragen decken – und zwar deshalb, weil immer größere Teile unserer Gesellschaft sensibilisiert für queerspezifische Diskriminierung sind und sich selbst bilden wollen.
Unsere Aufgabe als Politik ist es, auch diesem Bedarf gerecht zu werden. Und wir müssen anerkennen, dass wir diesem nur gerecht werden können, wenn wir eben die queeren Strukturen und Selbstorganisationen stärken.
Liebe Kolleg*innen,
Es ist ein Erfolg unserer gesellschaftlichen und politischen Bemühungen, dass es in den letzten Jahrzehnten nach und nach möglich wurde, mit weniger Stigma- und Tabubelegung über die Vielfalt von Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen zu sprechen. Queere Menschen sind in unserer Gesellschaft sichtbarer und das ist auch gut so. Dafür, dass queere Menschen in Niedersachsen auch sicher leben können, müssen wir weiterhin sorgen – und dabei erfolgreicher werden. Lassen sie uns gemeinsam daran arbeiten.
Herzlichen Dank.
Quelle: Niedersächsischer Landtag – 8. Tagungsabschnitt (20.-23.06.2023) – TOP 37
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